Therapie nach Yin und Yang

Gewissermaßen ist das Thema Therapie nach Yin und Yang natürlich theoretischer Natur. Man kann nicht sehr gut nur nach Yin und Yang therapieren, wenn man nicht weiß, in welchem Organ, in welchem Meridian sich der diagnostizierte Zustand befindet.

Andererseits sind die Leitkriterien aber eben von höchster Bedeutung, denn ohne sie zu beachten kann nun auch keine Therapie im Sinne der traditionellen chinesischen Medizin durchgeführt werden. Wer bei Kälte kühlt, bei Hitze erwärmt, bei Trockenheit trocknet, bei Feuchtigkeit befeuchtet, bei Fülle auffüllt, bei Leere durchgängig macht, Innen wie Außen und Außen wie Innen behandelt, kann keinen Erfolg zeitigen.

Wer also zu jedem Organ bzw. Meridian Therapien (Meridianbehandlung, Pharmakologie, Diätetik) zu jedem der pathologischen Grundzustände (Leber Yang-Fülle, Leber Yang-Leere, Leber Yin-Leere, Leber Yin-Fülle, Herz Yang-Leere, Herz Yang-Fülle, Herz Yin-Leere, Herz Yin-Fülle, u.s.w.) kennt, weiß im Grunde alles was er braucht.

Es gilt eben nur noch zusätzlich zu beachten, dass Leber Yang-Fülle oder Herz Yin-Fülle ganz unterschiedliche Indikationen bedeuten kann und somit auch verschiedene Mittel angezeigt sein können, je nachdem ob Leber Yang-Fülle nun arterielle Hypertonie oder Genitalekzeme bedeutet.

Deshalb sollen an dieser Stelle Beispiele für Nahrungsmittel, Kräuter und Akupunkturpunkte für die 4 grundlegenden Zustände Yin Leere, Yin Fülle, Yang Leere und Yang Fülle vorgestellt werden. Es werden in Klammern Beispiele für konkrete Indikationen, also praktisch Meridianbezüge, gegeben: Zunächst sollen aber noch zwei allgemeine wichtige Gesetze genannt werden:

  • Nahrungsmittel sind als Therapie natürlich besser bei Leerezuständen einzusetzen, denn das ist ja per se ihre Aufgabe. Mit wenigen Ausnahmen kann man Ernährungstherapie bei Füllezuständen nur als mittel- bis langfristig wirkende Methode einsetzen. Akupunktur ist die Domäne der Füllezustände.
  • Je leerer jemand ist, desto milder muss die Therapie sein.

YIN - Der materielle, der strukturelle Aspekt eines Phänomens


Yin Fülle Yang Leere
zeigt sich als:
Kälte Kälte (Mangel an Wärme)
Feuchtigkeit Unteraktivität
Substanzzunahme Unterfunktion
Geschwulst, Tumor Energieverlust
Beispielsymptome:
Durstlosigkeit Durstlosigkeit
Übergewicht Appetitlosigkeit
Struma Schilddrüsenunterfunktion
Übermäßiges Schlafbedürfnis Müdigkeit, Schlappheit, Antriebsarmut
Puls:
tief tief
voll leer
(langsam) (langsam)
Zunge:
blass blass
tendenziell geschwollen feucht
dicker weißer Belag dünner weißer Belag
  Zahneindrücke
Nahrungsmittel:
(hier überwiegend bei Fülle der Kälte)  
bitter, scharf, sauer wärmende Mittel, die meist scharf oder süß sind (keine sehr scharf heißen Mittel, da Leere!)
Petersilie Buchweizen
Artischocken Amaranth
Hirse (bei feuchter Kälte in der Milz) gekochte Aprikosen
heiße Suppen, z.B. Fischkopfsuppe rote Weintrauben
  Lammfleisch
  Wildfleisch
  Fenchel
  kleine Mengen Rotwein
Pharmakologische Substanzen:
(hier überwiegend bei Fülle der Kälte)  
Ingwer (Kälte, Durchfall) Zimtbaumzweige Kreislaufschwäche, kalter Schweiß)
Zimtrinde (Kälte, Unterleibsschmerzen) Ginseng (Appetitlosigkeit, allgemeine Schwäche)
Pfeffer (Magenkälte, dicker weißer Zungenbelag) rote Datteln (Rekonvaleszenz)
Liebstöckelwurzel (Rückenschmerzen) Süßholz (Schwäche, Druchfall, Kurzatmigkeit))
wilder Safran (Unterleibsschmerzen) Hirschhorn (Impotenz, Unfruchtbarkeit, Rückenschmerzen, schwache Knie)
Curcuma = Gelbwurz (Leberstau) Walnuss (Altersverstopfung, schwache Knie/Rücken)
Myrrhe/Weihrauch (Sportverletzungen, schlecht heilende Wunden) Wildfleisch
Akupunkturpunkte:
Milz Pankreas 6 (Menstruationsprobleme) Moxibustion (Erwärmen von Akupunkturpunkten durch Heranführen einer angeznndeten Beifuß-Zigarre)
Ren Mai 17 (Ateriosklerose) Dickdarm 4 (Akupunktur-Äquivalent zu Zimtbaumzweigen)
Leber 3 (Leberstau, emotionale Probleme) Magen 36 (Appetitlosigkeit, Durchfall)
  Du Mai 14 (bringt Energie nach außen)



YANG - Der energetische, der funktionelle Aspekt eines Phänomens


Yang Fülle Yin Leere
zeigt sich als:
Hitze Hitze (=Mangel an Kälte)
Überaktivität Trockenheit (=Mangel an Feuchtigkeit)
Überfunktion Substanzverlust
Energiesteigerung Geschwür
Beispielsymptome:
Durst Durst
Heißhunger Untergewicht
Schilddrüsenüberfunktion Geschwür
gesteigerte Aktivität Schlaflosigkeit
Puls:
oberflächlich oberflächlich
voll leer
(schnell) (schnell)
Zunge:
rot rot
dicker gelber Belag ohne Belag
  trocken
  ggf. Risse
Nahrungsmittel:
kalte Mittel, die meist bitter, sauer oder salzig sind süße Mittel, also generell Nahrungsmittel
Rohkost im allgemeinen "Milch und Honig"
Bambus Sahne, Käse, Butter
Bambusblätter Datteln
Reis Rosinen
Artischocken Barsch, Shrimps, Forelle, Hering (bei Hitze)
Zucchini Longan, Lychees (bei Östrogenmangel)
Wassermelonen Weizen, Süßholz, rote Datteln (bei Schlaflosigkeit)
Pharmakologische Substanzen:
Gypsum fibrosum (medizinischer Gips, das kälteste Mittel überhaupt) Eselsgelantine (Palpitationen, Benommenheit)
Bambusblätter (s.o.) Maulbeerbaumfrüchte (Schlaflosigkeit)
Braunwurz Longan (Östrogenmangel)
Enzianwurzel (Lebermittel, z.B. bei Gelbsucht) Tuber asparagi (trockener Mund, trockener Husten)
Heckenkirsche (Furunkel, Halsentzüdungen) Sesamsamen (Rekonvaleszenz)
Löwenzahn (rote, geschwollene Augen) Austernschalen (Nachtschweiß)
Chrysantemen (auch: hoher Blutdruck)  
Akupunkturpunkte:
Dünndarm 3 (Halsschmerzen) eher keine Akupunktur
Lunge 7 (Husten, Palpitationen) Niere 3 (Östrogenaufbau)
Niere 1 (kühlt den Kopf) Herz 7 (Schlaflosigkeit)